Gravelbiken | © saalbach.com, Björn Hänssler
  • Outdoor

Graveln im Biker-Paradies

Saalbach mit dem Gravelbike? Logo: Denn was Mountainbiker lieben, macht auch Gravelbiker glücklich - nur ganz anders

Zum Graveln nach Saalbach? Ganz ehrlich, so richtig konnten wir uns das nicht vorstellen. Klar, Biker haben das Alpenparadies im Pinzgau schon lange auf der Landkarte - aber das sind halt Mountainbiker. Mit bestens präparierten Downhills, Liften und einem fein geshapten Bikepark macht Saalbach Biker erwiesenermaßen glücklich - doch auf dem Gravelbike brauchen wir diesen ganzen Aufwand nicht. Denn Gravelbiken bedeutet: Reduktion auf das Wesentliche. Gravel-Bikes sind eine Kreuzung aus einem Rennrad mit den fetten, griffigen Reifen eines Mountainbikes. Sie sind schnell, leichtfüßig, aber trotzdem vielseitig. Und kommen ohne gewichtigen technischen Firlefanz aus: keine Federung, keine Elektronik. Wir brauchen für unser Glück nur das Bike, ein paar Freunde, viel Natur, feine Schotterpisten und gern auch flowige Trails. Aber Moment mal - Natur, Schotter und Trails, das alles gibt’s in Saalbach natürlich im Überfluss. Und wir kennen, dem Herrn sei’s gedankt, in Saalbach echte Locals, und die haben uns hier ein kleines Gravel-Paradies versprochen. Also kommen wir gerne auf einen Besuch im Spätsommer vorbei und mischen uns unters Biker-Volk.

Neben den Jungs und Mädels in ihren baggy Klamotten, mit Protektoren und den vollgefederten Bike-Boliden sehen wir in Spandex und mit unseren spartanischen Gravelbikes zwar schon etwas anders aus, aber das stört hier niemanden. Die Biker-Vibes verbinden uns auf einer tieferen Ebene, und wir sind hier im Glemmtal immerhin im „Home of lässig“. Also schnell noch einen lässigen Espresso auf der lässigen Dorfstraße und ab geht’s ins alpine Gravel-Glück. Denn was uns die Locals vorab nicht so klar und deutlich gesagt haben: Graveln in Saalbach ist alpines Graveln. Das bedeutet: erst die Arbeit, dann die Abfahrt. Die langen alpinen Uphills sind natürlich eine ganz neue Herausforderung für jeden Flachländer. Noch herausfordernder als die teils kräftezehrenden Anstiege ist aber der Untergrund, auf dem wir uns hier bewegen. Alpines Graveln bedeutet fast immer losen, steinigen Untergrund: mal als feiner Schotter, mal als größere Steine. Wer eigentlich auf griffigen Feld- und Forstwegen und Waldböden unterwegs ist, muss hier erstmal an ein paar Fahrtechnik-Skills arbeiten: An steilen Anstiegen bleibt man besser im Sattel, weil sonst das Hinterrad keinen Grip mehr hat; in schnellen Kurven sollte man schleunigst ein ganz neues Feingefühl für die Bremse entwickeln, ganz besonders für die am Vorderrad. Alpines Graveln ist definitiv eine komplett neue Erfahrung und erweitert die Gravel-Welt, wie wir sie bisher kannten. Wir schauen uns das Ganze auf einer lockeren Kennenlern-Runde an, dem Gravel-Devil.

Die Kennenlern-Runde

Die hat zwar nur 32 Kilometer, aber trotzdem stehen danach 920 Höhenmeter auf der Uhr. Willkommen in den Alpen, mit freundlichen Grüßen an die Oberschenkelmuskulatur. Am besten, wir ignorieren unsere Beine einfach und schauen erst gar nicht auf die Höhenmeter-Anzeige am Bikecomputer, sondern genießen die Aussicht. Die ist von Anfang an betörend: Los geht’s am Ortsende auf der breiten Promenade entlang der Saalach hinauf zum Teufelswasser, dem die Runde ihren Namen zu verdanken hat. Nach dem ersten Uphill lohnt sich hier ein Stopp nicht nur, um einen Schluck vom frischen Teufelswasser zu nehmen (das ist weder kochend heiß noch beißend schwefelig, sondern quellt wunderbar erfrischend aus dem Berg). Damit der Teufel hier erst gar nicht auf dumme Ideen kommt, haben die Saalbacher oberhalb des Teufelswassers eine Kapelle hingestellt, die das Zeug zum perfekten Fotospot hat. Den nutzen wir zum Durchatmen, denn jetzt kommt der erste kernigere Uphill inklusive Trail-Passage auf dem Weg zur Ossmann-Alm.

 

Dort angekommen wäre der erste Höhepunkt geschafft. Wer jetzt schon geschafft ist, sollte sich ein paar Gedanken über seine Kondition machen, am besten bei einer Einkehr auf der Alm. Ob mit oder ohne Einkehr: Nach dem Uphill genießen wir die erste Abfahrt und den Weg zurück nach Hinterglemm und Saalbach. So funktioniert alpines Graveln also: Erst der Schweiß, dann das breite Grinsen. Unten angekommen geht es, logo, wie hoch: Richtung Hochalm Speicherteich. da wartet schon der nächste Fotospot: Aussicht galore ins langgezogene Tal, dass die Saalach hier in Jahrtausende langer Arbeit geshapt hat. Wir pedalieren, den Blick immer hinunter ins Tal und auf die Gipfel gegenüber, weiter Richtung Rosswaldhütte, mit 1565 Metern der Höchste Punkt unserer Tour. Kurz dahinter wartet die Wieseralm, und spätestens hier ist eine Einkehr Pflicht. Allein schon, um mit gut gefülltem Magen mehr Hangabtriebskraft zur Verfügung zu haben. Von hier ballern auch die Biker ins Tal, aber für uns fühlt sich die Sache auf dem Gravelbike einfach echter an, direkter, ohne Filter. Der Fahrtwind im Gesicht fühlt sich gut an, und die kurvenreiche Abfahrt über Wirtschaftswege belohnt für die fast 1000 Höhenmeter, die wir jetzt in den Beinen haben. Wir haben es nach diesem Tag kapiert: Der Preis bergauf sind dicke Beine, als Belohnung weiß man jeden Meter der Abfahrt doppelt zu schätzen. Lässig!  
 

Seriös Graveln? Gerne!

Wer nach diesem leckeren Ein-Graveln auf den Geschmack gekommen ist, kann in den nächsten Tagen seriösere Gravel-Touren in Saalbach Hinterglemm angehen. Die Saalbacher haben ausführlicher Wegbeschreibung was für jeden Geschmack und Anspruch im Angebot.


Wie wär’s zum Beispiel mit drei Seen an einem Tag: Zeller See, Klammsee und Ritzensee auf 88 Kilometern? Diese aussichtsreiche Tour bringt uns alles näher, was die Kitzbüheler Alpen rund um Saalbach zu bieten haben: Nach dem Einrollen auf der Promenade (nur wer Fahrradfahrer liebt, gibt einem Radweg so einen Namen) aus dem Tal hinaus geht es zur feschen Altstadt von Zell am See und seiner Uferpromenade mit schon wieder herrlichem Bergpanorama, weiter geht’s Richtung Kaprun und einem Schotter-Trail folgend zum Klammsee mit Blick aufs Kitzsteinhorn und das Gletscher-Skigebiet.

Hier wird uns mal wieder klar: Solche Aussichten verdient man sich nur beim Alpen-Graveln. Einfach unbezahlbar! Der Rückweg führt über Maishofen und den Ritzensee, dritter See der Runde. Wem diese rund sechs Stunden lange Tour zu entspannt war, - hier stehen dir weniger als 600 Höhenmeter im Weg - greift einfach zwei Fächer höher ins Regal mit den Saalbacher Gravel-Touren. 


Die Tour Extreme Scream bedient alle, die Bock auf mehr Strecke (104 km) und auf Höhenmeter satt haben: Knapp 1400 hm gilt es hier zu überstehen. Die epische Runde führt aus dem Tal hinaus nach Maishofen Richtung Pillersee, Fieberbrunn und durch das Gebirge zurück nach Saalbach und Hinterglemm. Auch hier warten viele Highlights, große und kleinere. Zum Beispiel die Burgruine der Festung Pass Strub auf der Grenze nach Tirol, der beschauliche Pillersee oder der Gasthof „Eiserne Hand“, der trotz seines abschreckenden Namens unbedingt zur Einkehr einlädt. Weiter geht’s zu den Schreienden Brunnen - denen die Tour ihren Namen verdankt. Die Locals nennen die Runde „tough, aber malerisch“ - nach gut neun Stunden haben wir „Flachland-Tiroler“ allerdings nur noch eingeschränkte Energie und Aufmerksamkeit für den touristischen Aspekt und die beeindruckenden Aussichtspunkte. Bei dieser Herausforderung gilt: Nur die Harten kommen ohne Kampf zurück nach Saalbach. Nach dieser Herausforderung ist das Grinsen beim Bier nach der Tour dafür um so breiter.
 

Aber man kann sich seine Challenges ja aussuchen: Egal ob beinharter Höhenmetersammler oder Genuss-Graveler mit Fokus auf ein gediegenes Barbecue mit unbezahlbarem Panorama - wer die Alpen noch nicht mit dem Gravelbike erlebt hat, sollte das unbedingt ändern. Am besten hier, im Home of Lässig. 

Themenverwandte Beiträge

  • Outdoor
Biken kann auch gemütlich sein | © Heiko Mandl

Glemmtal unter Strom

Heiko Mandl
  • Outdoor
Nico fühlt sich am Hackelbergtrail sofort wohl. | © Heiko Mandl

Biken mit Kindern

Heiko Mandl
  • Outdoor
Staffkogel | © bestmountainartists

E-Bike & Hike: Staffkogel

Thorsten Günthert
  • Backstage
Bike Patrol Saalbach Hinterlgemm | © © saalbach.com, Wout van de Donk

Bike-Patrol

Edith Danzer
  • Outdoor
Das richtige Mind-Set: Mit Freude an der Sache ist alles leichter | © saalbach.com, Stefan Voitl
Sunrise | © saalbach.com, Mia Knoll

Wenn Biker wandern

Karin Pasterer