Hauswurz und Johanniskraut | © Susanne Mitterer
  • Tradition

Von Donnerrosen und Wetterwurz

Lässige Wetterpflanzen

Wenn sich an einem sonnigen und heißen Tag die Wolken plötzlich verdunkeln und beginnen sich aufzutürmen, dann sind Regen, Blitz und Donner meist nicht mehr weit. Gewitter sind in den Sommermonaten keine Seltenheit – auch im Glemmtal sind sie nichts Außergewöhnliches. Was die Sommergewitter aber mit Heilkräutern zu tun haben und warum man die Alpenrose lieber stehen lässt, ist ein altes Geheimnis, das ich gerne für euch lüfte.

Heilkräuter und ihr Einsatz als Wetterpflanzen
 

Heutzutage sind Gewitter nicht mehr ganz so angsteinflößend wie sie es früher einmal waren. Es lässt sich ganz einfach erklären wie diese zustande kommen. Doch vor nicht allzu langer Zeit waren die Menschen überzeugt, dass Stürme mit Hagel, Blitz und Donner das Werk von Hexen oder gar dem Teufel höchstpersönlich sein müssen. Wenn tiefschwarze Wolken und kräftige Windböen mit schweren Regentropfen, begleitet von Blitzen und Donnergrollen durch das Tal von Saalbach Hinterglemm fegten, bekamen sie es mit der Angst zu tun.

So entwickelten die Menschen im Glemmtal und auch in vielen anderen ländlichen Gebieten allerlei Rituale, mit denen sie glaubten, sich vor den Launen der Hexen schützen zu können. Bis heute haben sich einige dieser Rituale gehalten. So werden in vielen Kirchen bei aufziehendem Unwetter noch immer die Glocken geläutet. Das „Wetterläuten“ der geweihten Glocken soll dafür sorgen, dass das Gewitter vorüberzieht und das Dorf vor Unheil verschont bleibt. Mit sogenannten Wetterpflanzen – das sind jene Heilkräuter, denen eine große Schutz- und Abwehrwirkung gegen allerlei Böses zugesprochen wird - versuchten sich die Menschen ebenfalls vor dem Wetterzauber der Hexen zu schützen. Wetterpflanzen wird nachgesagt, dass sie Blitz, Hagel, Sturm und Hochwasser bannen und so Mensch, Tier sowie Haus und Hof schützen. Die Bekanntesten unter den Schutzpflanzen sind das Johanniskraut, die Königskerze und die Hauswurz.

Johanniskraut

Jedes Jahr zur Zeit der Sommersonnenwende erblühen auf den Bergen kleine gelbe Sterne. Kleine Sterne, denen man nachsagt, dass sie das Sonnenlicht anziehen. Schon immer galt das Johanniskraut als magisches Kraut und es ist bis heute eine wichtige Heilpflanze für Mensch, Tier, Stall und Haus. Begehrt sind die Blüten des Johanniskrauts vor allem, um das heilsame Rotöl herzustellen. Zur Nutzung als Wetterpflanze werden allerdings nicht nur die Blüten, sondern das ganze Kraut geerntet und getrocknet.

 

Königskerze

Schon von weitem kann man diese imposante Pflanze mit den leuchtend gelben Blüten sehen. Bis zu 2 Meter hoch kann die Königskerze - die auch als Wetterkerze bekannt ist - werden. Den Namen Königskerze verdankt sie der früheren Verwendung als Fackel. Dazu wurden die Blütenstände mit Pech oder Wachs überzogen und entzündet. Der Königskerze wird wie Johanniskraut seit jeher verwendet, um Unwetter zu vertreiben. Die einzelnen Blüten oder auch ganze Blütenstände werden geerntet, getrocknet und für den Bedarfsfall gelagert. Die große Königskerze ist übrigens auch als Orakelpflanze sehr gefragt. Ihre Wuchsform und der Stand der Blüten sagen nämlich viel über das Wetter und vor allem über den kommenden Winter aus. Und ich kann euch schon jetzt verraten: mehr zu den besonderen Fähigkeiten der Königskerze und ihren Schneeprognosen gibt’s hier bald zu lesen!

Anwendung der Wetterpflanzen

Nähert sich ein Gewitter, greift man zu Königskerze und Johanniskraut und wirft sie ins Herdfeuer oder entzündet sie am Stövchen oder in einer Räucherschale. Der aufsteigende Rauch der beiden Pflanzen vertreibt das Unwetter, Sturm und schwarze Wolken und lässt die Sonne wieder scheinen.

 

Hauswurz

Die Hauswurz wird heute vor allem wegen ihrer dekorativen Blattrosetten gepflanzt und ist eine beliebte Dekopflanze. Doch noch vor wenigen Jahren fand man sie am Dach von sehr vielen Häusern und fast allen Almen und Höfen in Saalbach Hinterglemm. Wie man schon an den Namen Wetterwurz oder Donnerkraut erkennt, zählt sie ebenfalls zu den Wetterpflanzen. Jedoch wird sie nicht wie Königskerze und Johanniskraut verbrannt, sondern als natürlicher Blitzableiter aufs Dach gepflanzt.

 

Alpenrose

Neben den Kräutern und Pflanzen, welche die Menschen vor dem Unwetter bewahren, gibt es aber auch jene, die genau das Gegenteil bezwecken. Dazu zählt zum Beispiel die Alpenrose, welche nach dem Volksglauben Gewitter und Unheil anzieht. Wetterhexen sollen sie verwendet haben, um Stürme mit Hagel und Blitzen zu erzeugen. Um die leuchtend rote Alpenblume ranken sich unzählige Sagen und Märchen. Eine der bekanntesten Geschichten dürfte wohl jene sein, in welcher die Alpenrose als Donnerrose betitelt wird. Die Sage erzählt, dass ein Blitzstrahl jeden treffe, der eine Donnerrose bei sich trägt. Einem schönen, aber launenhaften Dorfmädchen kam dies einmal teuer zu stehen. Sie gab nämlich ihrem Liebsten, der sie erzürnt hatte, schäkernd ein Donnerröschen. Der arme Bursche steckte das verhängnisvolle Geschenk auf seinen Hut und es brachte ihm den Tod. Das Mädchen bereute zu spät ihren Übermut und starb vor Kummer.

 

Deshalb – und auch weil die Alpenrose bei uns streng geschützt ist – sollte man sie nur im Vorübergehen am Berg bestaunen und nicht als Souvenir abschneiden.

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