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Das Holzfällerhandwerk im Glemmtal

Wald- und Forstwirtschaft früher und heute

Mit einem Waldanteil von 47,9 % zählt Österreich zu den meistbewaldeten Ländern Europas. In Zahlen und Fakten heißt das, es gibt 4 Millionen Hektar Wald mit 3,5 Milliarden Bäumen. Das macht etwa 406 Bäume pro Einwohner. Gezählt wurden bisher 65 verschiedene Baumarten, wobei die Fichte mit 57 % Waldanteil vor der Buche mit 12 % den größten Teil ausmacht. Im Allgemeinen setzt sich der österreichische Wald aus 80 % Nadelbäumen und 20 % Laubbäumen zusammen. Auch das Glemmtal ist dicht bewaldet. Aufgrund des rauen Klimas und der Lage auf über 1.003 Metern über dem Meer findet man hier vorwiegend Fichten. Außerdem ziert der Bergahorn die Landschaft. In der heutigen Story geht’s um das Holzfällerhandwerk – Tradition, Wissen und Techniken werden von Generation zu Generation weitergegeben. Außerdem findet sich so manche (Lebens-)Weisheit in den Arbeitsweisen und Ansichten der Männer und Frauen im Wald.

Forstwirtschaft im Glemmtal – Ziele & Hintergründe 

Die Art sowie die Ziele der Forstwirtschaft haben sich im Laufe der Jahrhunderte deutlich verändert. Der Wald zählte auch bei uns schon im 13. Jahrhundert zu einem wichtigen Wirtschaftszweig. Besonders im kargen Glemmtal wurde der Holzhandel überlebensnotwendig und im Bereich Bergbau immer wichtiger. Zusätzlich zum Verkauf des Rohstoffes Holz konnten die Bauern die gerodeten Flächen zur Viehhaltung nutzen. Die Schattenseite dieser Eingriffe waren die dadurch entstehenden landschaftlichen Veränderungen. Der Wald speichert Wasser, sorgt für ein gemäßigtes Ablaufen von Regen und hat einen ausgleichenden Einfluss auf das Klima. Außerdem schützt er vor Muren und Lawinen. 

Es galt, einerseits den Holzbedarf zu sichern und andererseits den Wald aktiv zu pflegen. Aus diesem Grund wurden für das Glemmtal immer wieder Waldverordnungen erlassen, die mal mehr, mal weniger zum Erfolg führten. 

Wenn man alte Bilder betrachtet, dann sieht man, dass es im Jahr 2022 deutlich mehr Waldflächen gibt als noch vor 100 Jahren. Bewusste Aufforstungen und Ausgleichsmaßnahmen stellen sicher, das Waldvorkommen hoch zu halten. 

Der Wald ist wichtiger Lebensraum für Tiere und Erholungsraum für Menschen. Außerdem bietet er Schutz vor Erdrutschen und Lawinen. Es ist seit jeher wichtig, den Wald zu pflegen und auf ihn Acht zu geben. 

Und auch in der modernen Zeit gilt es, die Balance zwischen Holzernte, Aufforstung und Pflege zu schaffen. Ein wichtiger Aspekt ist es, die heimischen Wälder borkenkäferfrei zu halten. Der Borkenkäfer gilt als ernsthafte Gefahr für die heimischen Bäume und kann in kürzester Zeit große Waldflächen vernichten. Der Zugang vieler Forstwirte ist es, dem Wald befallene Bäume zu entnehmen und diese als Brennholz wiederzuverwerten. So nutzt man die entnommenen Gehölze perfekt und befreit den Wald von Schädlingen. 

Das Holzfällerhandwerk früher & heute 

Das Holzfällerhandwerk galt besonders früher als gefährlich und anstrengend. Die Winterzeit wurde genutzt, um Holz zu ernten und dieses auf Schlitten ins Tal zu bringen. Das Pferd galt als eines der wichtigsten Arbeitstiere und unterstützte beim Ziehen, Fahren und Holztransport ins benachbarte Maishofen. Die Holzfäller galten als „harte Knochen“. Sie verbrachten oft Tage in den selbst gezimmerten Holzknechthütten, saßen abends gemeinsam am Feuer und aßen schmalzreiche Kost wie das Holzknechtmuas. Mit archaischem Werkzeug, das sich über die Jahrhunderte nur minimal veränderte, fällten sie Bäume, asteten die Stämme im Wald und transportierten das Holz ins Tal. Die Transporte mit dem Schlitten waren gefährlich und bedurften viel Erfahrung und Gefühl. 

Wo früher mit Hacken und Handsägen gearbeitet wurde, stehen heute Traktoren, Seilwinden und Motorsägen zur Verfügung. Die Arbeit gilt trotzdem als herausfordernd und es heißt, immer mit voller Konzentration zu arbeiten. Das Holzfällerhandwerk wird von Generation zu Generation weitergegeben. Zusätzlich gibt es heute Ausbildungen zum Forstfacharbeiter bzw. zum Forstwirtschaftsmeister, in der neben der technischen Arbeitsweise Hintergründe, ein großes Allgemeinwissen den Forst betreffend und ein Blick fürs große Ganze vermittelt werden. 

Arbeiten im Wald – ein Baum wird gefällt 

Auch heute geht’s darum, käferbefallene Bäume zur Nutzung als Brennholz zu ernten. Step by step: 

 

  • Vorbereitung & Sicherheitscheck der Arbeitsutensilien sowie der Schutzkleidung. Motorsägen, der Traktor und die Seilwinde kommen heute zum Einsatz. Schutzbrillen, Helme und Schnittschutzhosen sind Pflicht! 
  • Auswahl der zu fällenden Stämme 
  • vorsichtiges Einschneiden des Stammes 
  • Keilen 
  • Kontrolle der Fallkerbe, um dem Baum die richtige Fallrichtung zu geben (mit dem Rücken an den Stamm gelehnt) 
  • Einschneiden gegenüber der Fallkerbe
  • Baum fällt!
  • Die Stämme werden geastet und mit der Seilwinde zum flachen Lagerplatz gezogen.
  • Spätere Verarbeitung: Die Stämme werden mit der Motorsäge in ca. 4 Meter lange Stücke geschnitten und je nach Verwendung des Holzes gespalten, getrocknet und anschließend mit der Kreissäge ofenfertig geschnitten.

Besonders in der heutigen Zeit ist es wichtig, umweltschonend und nachhaltig zu wirtschaften. Bäume, die entnommen werden müssen, werden wieder aufgeforstet. Zusätzlich zur heimischen Fichte werden Laub- und Nadelbäume gepflanzt und beim traditionellen „Poschensetzn“ (= junge Bäume setzen) wird der Grundstock für die Wälder der Zukunft gelegt. 

Der Wald als Lebens- und Erholungsraum 

Der Wald ist und war für die Menschen immer schon etwas ganz Besonderes. Die Weisheit der Bäume, die die Naturvölker kannten und lebten, wird langsam wiederentdeckt und mittlerweile sogar wissenschaftlich erforscht. Die tiefe Beziehung zum Wald, die die Waldvölker Europas (und Amerikas) zu den Bäumen hatten, lässt sich wahrscheinlich nur im Ansatz erahnen. Klar ist aber, dass sich auch der moderne Mensch im Wald wohlfühlt und seine Nähe sucht. 

Zusätzlich zu den 400 Kilometer Wanderwegen im Glemmtal, die oftmals durch die wunderschönen Wälder führen, gibt’s besondere Angebote für Groß und Klein. Im Märchenwald und beim Waldwellness erlebt man den Wald mit allen Sinnen, erzählt Geschichten, ruht sich aus. Herrlich! 

 

„Der Atem der Bäume schenkt uns das Leben.“ (Roswitha Bloch)
„Nichts ist für mich mehr Abbild der Welt und des Lebens als der Baum. Vor ihm würde ich täglich nachdenken, vor ihm und über ihn …“ (Christian Morgenstern)
„Frieden findet man nur in den Wäldern.“ (Michelangelo)

 

In diesem Sinne, viel Spaß beim nächsten Waldbesuch!

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