Schwenden auf der Alm | © Edith Danzer
  • Tradition

Schwenden und „Kuhfladengolf"

Herbstliche Arbeiten auf heimischen Almen

Der goldene Herbst ist eingekehrt. Zeit, die Kühe heimzubringen und die Almen fit für den Winter zu machen. Ist für die Landwirte in den Bergen rund um Saalbach Hinterglemm nach dem Almabtrieb noch etwas zu tun? Was hat es mit dem lustig anmutenden „Kuhfladengolf“ zu tun und warum türmen sich auf den Almböden Bäumchen und Steine?

Laut muhend begrüßen mich die Kälber am Reiterkogel. Fast vorwurfsvoll blicken sie mich an, als möchten sie sagen: „Geht’s jetzt endlich heim?“ Nach wunderschönen Wochen der Sommerfrische auf den Hochalmen des Glemmtals ist die Zeit für die Rückkehr in die heimischen Ställe gekommen. Die Kühe, die hier oben rund um die Reiteralm die letzten Grasbüschel rupfen, sind aus dem benachbarten Hochfilzen und werden heute nach alter Tradition von den Tiroler Bauern zu Fuß abgeholt und über den „Deisch-Graben“ heimgehen. Aufregung liegt in der Luft. Die jungen Bauern locken die restlichen, auf den Weiden verstreuten Kühe mit Rufen und klopfen aufmunternd an den vollen Eimer in der Hand. Darin verbirgt sich das „G’leckert“, wie mir Isabella verrät. Sie hilft natürlich auch mit, denn ihr Vater, Hans Adelsberger versorgt im Sommer das Leihvieh hier heroben.

„G’leckert ist eine Mischung aus Kraftfutter und Salz – das mögen die Kühe und lassen sich so schnell überreden, uns zu folgen“, meint Isabella, die als sprachbegabte Touristikerin im Tourismusverband arbeitet. Die Sprache der Kühe scheint sie auch perfekt zu sprechen, denn schnell haben sich 22 vierbeinige Milchlieferanten um sie versammelt und gemeinsam mit ihrem Cousin Alexander und Freunden treibt sie die Herde bergan. „Wir gehen nun zur Rosswald-Kapelle oberhalb der Rosswaldhütte. Dort treffen wir uns mit meinem Vater und den Tiroler Bauern, die die restlichen Kühe aus dem Gebiet zusammengetrieben haben.“ Die Aufregung unter den Kühen schwenkt in eifrige Aufbruchsstimmung um. Die Begleiter haben immer ein Auge darauf, dass keine neugierige Kuh die Herde verlässt, und sind mit raschen Schritten zur Stelle, um den Ausreißer wieder zurückzuholen. An der Rosswaldkapelle wird die Herde zusammengeführt mit den restlichen Kühen und für ein gemütliches Plaudern mit den Tiroler Bauern bleibt keine Zeit, denn die erfahrenen Kühe haben es eilig und streben schon dem „Deisch-Graben“ entgegen. „Sie wollen heim“, lachen die Bauern entschuldigend und winken zum Abschied, bevor sie die Grenze nach Tirol überschreiten.

Okettln und Schwenden

Still ist es plötzlich geworden auf den Almen, als auch die letzte Kuhglocke verklungen ist. Über die sanften Hänge der Pinzgauer Grasberge, die in sattem Gelb und Rot leuchten, wandern wir zurück zur Alm von Hans Adelsberger. Im Sommer ist der Landwirt als Wanderführer im Tourismusverband Saalbach Hinterglemm angestellt, im Winter arbeitet er seit vielen Jahren als Skilehrer in Hinterglemm. Man merkt ihm an, dass er erleichtert ist, dass der Almsommer gut verlaufen ist und er alle Kühe wieder heil ihren Besitzern übergeben konnte. Ob er es jetzt ruhiger angehen, und die Beine hochlegen kann? „Aber nein, jetzt müssen wir den Stall reinigen und die Almflächen winterfit machen!“ Umgehend holt er das nötige Werkzeug aus dem Stall und erzählt: „Den Kuhmist aus dem Stall verteile ich auf den renaturierten Böschungen entlang der Forststraße. Auch die Kuhfladen auf den Almböden werden mit der Mistgabel schwungvoll verteilt – das nennt man Okettln“, meint er und holt wie zu einem Golf-Abschlag aus. „Durch das Verteilen werden die Böden gedüngt“, verrät er lachend. Nebenbei trägt er große Steine zu einem Haufen zusammen und zieht die Drainagegräben nach. „Das ist wichtig, denn bei starkem Regen erfolgt so ein geregelter Wasserablauf. Auch die durch die Hufe der Kühe abgetretenen Wasen befestige ich wieder, denn die Grasnarbe muss intakt bleiben.“ Unter „Schwenden“ versteht man das Entfernen von Verholzungen, wie kleinen Bäumchen. Das Entbuschen sichert, dass die Kulturlandschaft erhalten bleibt. „Würden wir Landwirte nicht Schwenden, würden die Almen innerhalb von zehn Jahren verwildern und zuwachsen. 

Endspurt in den Winter

Bevor der Winter die Almen unter einer dicken Schneedecke verhüllt, müssen alle Zäune niedergelegt werden. Im Pistenbereich erledigen diese Arbeiten die Liftangestellten – doch auch die restlichen Zaunstempen werden umgelegt. „Sie bleiben unter dem Schnee liegen. Gleichzeitig kümmere ich mich dann schon um die Nachproduktion der Stempen. Denn zwei Jahre braucht das Holz, um im Stall auszutrocknen – dann faulen sie Stempen nicht so schnell. Rund um den Stall und die Wassertröge der Kühe stelle ich zur Abgrenzung Schneestangen auf, damit im winterlichen Schneetreiben die Pistengeräte nicht versehentlich dagegen fahren. Generell gilt – je sauberer und genauer ich jetzt im Herbst arbeite, desto weniger Ärger habe ich im Frühjahr, wenn ich die Almen wieder fit für die nächsten vierbeinigen Sommergäste mache.“

 

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