12er KOGEL Bahn | © Christian Wöckinger
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24 Stunden am Berg: Die Tagschicht

Wir schauen einen Tag hinter die Kulissen des Skibetriebes

Die Sonne lacht vom Himmel und die Pisten sind in hervorragendem Zustand. Der perfekte Tag, um schon frühmorgens damit zu starten, die 270 Abfahrtskilometer im Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn in vollsten Zügen zu genießen und abends, kurz vor Liftschluss, glücklich ins Tal zu schwingen. Und am nächsten Morgen? Warten – wie durch Zauberhand – wieder bestens präparierte Abfahrten, lässige Snowtrails und Parks und die 70 Lifte drehen sich unermüdlich durch den Tag. Und genau das bringt mich auch zum Thema dieser Story. Wer sind die Menschen hinter dem reibungslosen Ablauf im Skigebiet? Wer präpariert wann, wie und warum die lässigen Abfahrten – immer und immer wieder und jede Nacht neu? Ich habe einen Blick hinter die Kulissen werfen dürfen und war hautnah dabei – 24 Stunden am Berg. Los geht’s mit der Tagschicht! 

Die Lifte in Saalbach Hinterglemm starten regulär zwischen 08:30 und 09:00 Uhr. Mit dem Frühstart-Angebot geht’s ab Mitte Januar aber auch schon früher auf die Pisten einiger Berge. Wer einen Sonnenaufgang am Berg erleben und die ersten Abfahrten für sich allein genießen möchte, kann einige der beliebtesten Bahnen bereits um 08:00 Uhr betreten: die 12er KOGEL Bahn in Hinterglemm beispielsweise. Und weil der Start in den Tag natürlich etwas Vorbereitung braucht, treffe ich mich um 06:30 Uhr mit den Arbeitskollegen Wolfgang und Olivia zum frühmorgendlichen Arbeitsbeginn. 

Die ersten Aufgaben des Tages im Überblick: 
  • Aufsperren & Vorbereiten der Station 
  • Inbetriebnahme der Bahn:
    1. Leerseilfahrt (damit das Seil ggf. von Schnee und Eis befreit wird)
    2. Blendenkontrolle und Kontrolle der Reifenförderer, Bremsen, u.ä. 
    3. Markierung und Start der drei Kabinen, die sich über Nacht im Tal befinden 
  • Mit den Kabinen, die über Nacht in der Station blieben, werden nun die Mitarbeiter der Mittel- und Bergstation auf den Berg gebracht. Zwei bzw. drei Stationsbedienstete sowie zwei Pistenretter besetzen die einzelnen Stationen. 
  • In der nächsten Stunde werden Material und Gebrauchsgegenstände für den Betrieb transportiert und verteilt 

Wolfgang und Olivia sind ein eingespieltes Team. Wolfgang ist bereits seit 1995 bei den Bergbahnen angestellt. Im Ursprungsberuf ist der Einheimische Schmied – die Lehre zum Seilbahntechniker hat er 2014 absolviert. Olivia kommt aus Deutschland und erlebt ihre zweite Saison in Saalbach – sie hat sich schnell eingelebt und genießt das abwechslungsreiche Tätigkeitsfeld. 

 

Nachdem alles vorbereitet ist und das OK der Pistenkontrollfahrten kommt, kann der Liftbetrieb offiziell gestartet werden: Der Tag beginnt – jetzt auch für die Skifahrer! 

 

Pistenretter im Hochalmgebiet 

Nachdem Wolfgang und Olivia routiniert in den Tag gestartet sind und sich in den kommenden acht Stunden um die Gäste sowie den technischen Ablauf kümmern, hüpfe ich einen Berg weiter und treffe mich mit dem Pistenretter Helli.

 

Der Einheimische ist seit der Wintersaison 1990/1991 im Winter bei den Bergbahnen beschäftigt und sorgt gemeinsam mit seinen Kollegen je nach Schicht tagsüber für die Sicherheit am Berg und nachts dafür, dass die Pisten perfekt beschneit werden.

 

Helli kommt dann zum Einsatz, wenn es um medizinische Notfälle, Verletzungen oder Service-Einsätze wie Materialbruch oder ähnliches geht. Mit seinem fundierten Wissen, jahrzehntelanger Erfahrung und viel Einfühlungsvermögen sorgt er dafür, dass sich Menschen auch in schwierigen Situationen gut aufgehoben fühlen und bestens versorgt werden. 

 

Seine Schicht beginnt um 07:00 Uhr – erste Kontrollfahrten auf den Pisten stehen an. Alle Absperrungen, Pistenbegrenzungen, Abfahrten und Beschilderungen werden kontrolliert. 

 

Die Pisten füllen sich, die Retter sind bereit

Sobald sich die Pisten füllen, stehen Helli und seine Kollegen auf Abruf bereit. Das Versorgungssystem ist klar abgesprochen und funktioniert in sich perfekt. Rettungen im steilen Gelände übernehmen die Kollegen, die an den Bergstationen stationiert sind, mit dem Akia (ein Wannenschlitten zur Bergung von Verletzten). Helli ist mit dem Skidoo unterwegs und unterstützt Menschen in unterschiedlichen Situationen. Neben der besten Versorgung im Fall von Verletzungen aufgrund von Skiunfällen und medizinischen Notfällen können sich die Skifahrer so auch auf schnelle Hilfe im Fall von Materialbruch, einsetzendem Nebel und vielem mehr verlassen. 

 

Mit Ruhe und Ausgeglichenheit schwierige Situationen meistern – Helli ist es wichtig, dass die unterschiedlichen Einsätze besonnen und bestmöglich gelöst werden. 

Ablauf einer Rettung
  • Die Meldung, dass jemand Hilfe benötigt, sollte idealerweise direkt über die Bergbahnen geschehen. Die Telefonnummern befinden sich im Pistenplan. Für Hinterglemm: +43 6541 6321 und für Saalbach: +43 6541 6271. Eine Meldung ist natürlich auch bei den öffentlichen Rettungsdiensten möglich, die Alarmierung der betreffenden Rettungs-Crew kann dadurch jedoch verzögert werden. 
  • Helli und seine Kollegen kommen je nach Einsatzort entweder mit dem Skidoo oder dem Akia direkt an die Unfallstelle. Immer mit dabei: der große Notfallrucksack mit Erste-Hilfe-Ausrüstung für die bestmögliche Erstversorgung. 
  • Je nach Verletzung und Gesamtbefinden wird die Person von dem Team der Pistenrettung –oder von der nächsten Liftstation weg mit der Kabine – ins Tal gebracht. In Notfällen steht außerdem der in Hinterglemm stationierte Rettungshelikopter Martin 6 bereit und kann in wenigen Minuten vor Ort sein.

Viele der Menschen, denen man helfen konnte, bedanken sich im Nachhinein persönlich für die erstklassige Versorgung und Hilfestellung. Wenn man seit über 30 Jahren auf den Pisten unterwegs ist, dann fällt einem schon die eine oder andere erzählenswerte Geschichte ein, so der erfahrene Pistenretter. 

 

Bei Helli werden die Verletzten auch schon mal auf Händen getragen – im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn nichts mehr geht, hebt er sie behutsam auf den Skidoo. Aber das geht halt nur, weil sich der Pinzgauer schon sein Leben lang in seiner Freizeit dem Ranggeln verschrieben hat. Was das ist gibt’s in dieser Story übers Ranggeln zu lesen. 

 

In den letzten Jahrzehnten hat sich im Bereich der Pistenrettung so einiges verändert. Durch die modernen Liftanlagen kommen auch ungeübte Skifahrer auf den Gipfel und stehen vor Herausforderungen, denen sie manchmal nicht gewachsen sind. Die perfekte Pistenpräparierung und das gute Material haben das Skifahr-Verhalten ebenfalls verändert. Die Bedingungen verlocken dazu, das Tempo zu steigern. Wichtig ist, dass den Menschen die FIS-Pistenregeln bekannt sind und sie sich daran halten – für die eigene Sicherheit und die der anderen. 

 

Sich ständig ändernde Voraussetzungen bedürfen moderner, zukunfts- und serviceorientierter Sicherheitskonzepte und des Austausches mit Menschen, die direkt am Geschehen sind. Dinge, die gemeinsam im Team und mit den Betriebsleitern und der Geschäftsführung perfekt umgesetzt werden können. Nach über 30 Jahren im Betrieb ist man einfach gut eingespielt. 

 

Ich frage ihn noch, ob er uns Skifahrern etwas auf den Weg mitgeben will – und er antwortet 

„Ich empfehle wirklich, beim Skifahren einen Helm aufzusetzen. Kinder sollten zusätzlich Rücken-Protektoren tragen. Ich appelliere da an unsere Vorbildfunktion – ganz besonders bei Skilehrern und Guides. Es gibt nur mehr sehr vereinzelt Menschen, die ohne Helm fahren – dieser kann aber vor schlimmen Verletzungen schützen. Es passiert verhältnismäßig wenig. Aber wenn einmal etwas passieren sollte, dann ist man lieber besser geschützt als zu wenig. Und: Achtet bitte auf die anderen und passt das Tempo an die Bedingungen an.“ ? 

 

Die abwechslungsreiche Arbeit mit den Menschen und der wunderschöne Arbeitsplatz – ja, wahrscheinlich einer der allerschönsten der Welt – machen seinen Job für ihn so besonders. 

 

Auf die große Zahl der Menschen gerechnet, die im Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn ihrem liebsten Hobby frönen, passiert nur sehr wenig. Gut zu wissen, dass für alle Fälle jemand da ist, der einem hilft. 

 

Außerdem unterhalte ich mich mit Helli lange übers Thema Pistenbeschneiung. Sehr spannend. Aber mehr darüber in der Nachtschicht – der nächsten Story. 

 

Arbeitsplatz Berg – Kohlmais, Bernkogel & Schönleiten 

Viele unterschiedliche Menschen arbeiten während des Tages im Skigebiet verteilt – zum Beispiel bei der Bernkogelbahn, Kohlmaisbahn und der Schönleitenbahn. Die ständige technische Kontrolle sowie Besichtigung der Pisten sind ebenso Bestandteil wie die Überwachung und Unterstützung der Ein- und Ausstiegsstellen bei den unterschiedlichen Liften. Man merkt die Leidenschaft der Frauen und Männer für diese Tätigkeit. „Der Beruf ist abwechslungsreich, schön und verantwortungsvoll“, so das gemeinsame Resümee, bevor die nächsten Gäste, die bequem nach oben kommen, lächelnd vom Liftpersonal begrüßt werden. 

Abends, wenn die Kabinen eingefahren werden – an der Schönleitenbahn 

Es ist 16:00 Uhr und schön langsam wird das Schichtende der Mannschaft eingeläutet. Ich fahre nach Saalbach und treffe mich dort mit den Betriebsleitern. Um 16:15 Uhr werden die letzten Gäste nach oben befördert – diejenigen, die noch ein letztes Mal ins Tal wedeln möchten. Sobald alle Kabinen leer sind, beginnen das „Ausschieben“ und die letzten Arbeiten. 

 

Liftschluss ist noch nicht ganz Dienstschluss. Eine letzte Kontrollfahrt auf der Piste steht noch an, anschließend werden die Kabinen langsam in die Stationen eingefahren. Nun stehen folgende Aufgaben an: 

 

  • Die diensthabenden Mitarbeiter der Bergstation machen sich zur Pistenkontroll-Fahrt auf. Per Ski und mit dem Skidoo werden die Pisten abgefahren. Wenn noch Skifahrer unterwegs sind, klärt man über die beginnende Pistensperre auf und unterstützt sie gegebenenfalls ins Tal zu kommen. 
  • Ein Mitarbeiter bleibt am Berg und checkt die leeren Kabinen auf Sauberkeit. Außerdem sperrt er die Pisten von oben mit gut sichtbaren Tafeln und Absperrbändern. Zusätzlich werden die Warntransparente in Betrieb genommen. Um 17:00 Uhr beginnen die Männer der Nachtschicht mit der Pistenpräparierung. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Pistensperre einzuhalten. 
  • Die Mitarbeiter in der Mittelstation schalten die Schienen nun so um, dass die kommenden Kabinen in die Garage – den Bahnhof – statt ins Tal fahren. 
  • In den nächsten 40 Minuten werden 102 Kabinen eingefahren. Das sind alle bis auf drei.
  • Nachdem der Mitarbeiter an der Bergstation alles abgeschlossen und abgesperrt hat, fährt er mit der allerletzten Kabine samt Berge-Sack zu seinen Kollegen in der Mittelstation. 
  • Nachdem auch die Mittelstation dicht gemacht wurde, werden alle Mitarbeiter mit den übrigen drei Kabinen ins Tal gebracht. 
  • Diese drei Kabinen bleiben über Nacht in der Talstation – mit ihnen fahren die Mitarbeiter am nächsten Morgen, pünktlich um 07:00 Uhr, wieder zur Mittel- und Bergstation. 

Unten angekommen werden die Türen verschlossen und die Lichter abgedreht. Alle blicken zufrieden auf einen erfolgreichen Arbeitstag zurück.

 

Schichtwechsel – die Mannschaft der Nachtschicht rückt an 

Jetzt wirds ruhig am Berg. Nachdem auch die letzten Skifahrer ins Tal gewedelt sind, beginnt für die Männer der Nachtschicht der eigentliche Arbeitstag. Die „Schneiber“ und Pistenraupenfahrer arbeiten dann, wenn niemand zusieht. Wenn am nächsten Morgen um 08:00 Uhr die ersten Skifahrer auftauchen, sind die Pisten wieder perfekt präpariert und die Funslopes und Snowtrails aufgefrischt. 

 

Und um genau das geht’s in der nächsten Story. 24 Stunden am Berg – Nachtschicht

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