Hinter den Pistenkulissen | © Lena Gerbig
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Hinter den Pistenkulissen

Was passiert eigentlich auf den Skipisten, während wir Urlaubsgäste noch gemütlich in den Betten liegen?

Vor allem in der Hauptsaison ist im Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn ziemlich viel los. Mehrere Millionen Menschen zieht es in der Wintersaison ins Glemmtal. Abends, nachts - aber auch schon mal früh am Morgen - wird auf den Bergen alles für die Wintersportler vorbereitet. Ich habe mich extra zeitig aus dem Bett geschält und auf dem Bernkogel in Saalbach umgeschaut.

4:00 Uhr

Hannes Geisler tritt zur Frühschicht an. Er fährt Pistenraupe, und das schon seit 16 Jahren. Mit voller Begeisterung steht er auch nachts auf, um die Skipisten zu präparieren. Allerdings meint er auch: „Man muss schon Spaß daran haben”. Nachts hat es Neuschnee gegeben. Das bedeutet für die Pistenbully-Fahrer, dass sie nicht nur abends, sondern frühmorgens, vor dem Liftbetrieb, nochmal planieren müssen. Vor allem die flachen Pistenabschnitte müssen ein zweites Mal präpariert werden, um den Skifahrern eine optimale Schneequalität bieten zu können.
Hannes Geisler ist mit acht Mitarbeitern für den Bernkogel und die angrenzenden Pisten zuständig.
Die Pistenbully-Fahrer haben ein waches Auge auf den Wetterbericht. Nur so können sie entscheiden, ob sie nur abends oder auch morgens Pisten präparieren müssen. Dabei hat jeder seinen eigenen Abschnitt und weiß, an welcher Stelle er den Hang wie befahren muss. „Bei steilen Abschnitten hängen wir uns mit der Seilwinde am oberen Teil des Steilhangs ein, sonst würde die Pistenraupe wegrutschen”, erklärt Hannes Geisler, „außerdem muss man vor dem Fahren schauen, wo man am besten langfährt. Man muss den Berg schon kennen. Das kommt aber auch mit der Zeit.” 
In der Raupen-Kabine ist es schön warm, im Hintergrund läuft das Radio. Das Fahrzeug von Hannes Geisler kann fünfeinhalb Meter in der Breite auf einmal bearbeiten. Allerdings wiegt das Fahrzeug auch 14 Tonnen.


7:00 Uhr


Im Tal kommt jetzt auch Johann Maurer zur Arbeit. Er ist einer von zwei Betriebsleitern am Bernkogel. Das bedeutet, dass er einen bestimmten Zuständigkeitsbereich hat, in dem er die Aufsicht führt. Er muss sicherstellen, dass mit Liften und Pisten in seinem Bereich alles in Ordnung ist. Da die Bernkogel-Seilbahn zur Mittelstation über Nacht stillsteht, wird sie frühmorgens wieder gestartet. „Wir machen jetzt erst fünf Minuten Leerfahrt”, erklärt Johann Maurer. Konkret bedeutet das, dass sich nur das Seil der Seilbahn dreht und die Gondeln noch nicht eingehängt sind. Die Leerfahrt soll bewirken, dass sich durch Bewegung und Schwingung des Seils Schnee und Eis lösen. Außerdem können die Maschinisten kontrollieren, ob mit dem Seil alles in Ordnung ist. „Wir messen auch jeden Morgen Seilspannung und andere Dinge”, erzählt Johann Maurer, „die tragen wir dann in einem Buch ein”.
Vier Gondeln der Bernkogelbahn hängen nachts in der Talstation. Mit ihnen kommen am Abend die letzten Mitarbeiter vom Berg herunter, und morgens wieder zu ihrer Arbeitsstelle. Heute steht neben den Gondeln ein Stapel Milchkartons und ein Rollwagen - voll beladen mit Kartoffeln und anderen Lebensmitteln. „Wir bringen diese Lieferung zu den bewirtschafteten Hütten am Bernkogel”, erklärt Jakob Niederseer - der zweite Betriebsleiter am Bernkogel.


7:30 Uhr


Die ersten Gondeln öffnen sich und die Mitarbeiter der Bergstationen, die inzwischen mit ihren Skiern zur Arbeit gekommen sind, steigen ein. Sie unterhalten sich angeregt. Bei dem Team handelt es sich ausschließlich um Männer – das muss nicht so sein, doch bislang arbeiten tatsächlich nur wenige Frauen an den Liftstationen im Skigebiet.
Zwei Nachzügler eilen um die Ecke. Sie besteigen die nächste Gondel und stecken ihre Skier in die Halterungen an der Außenseite. Gerd Höller und Robert Schernthaner gehören zum Pistenrettungsteam. Sie sind auch zuständig für den Pistenabschnitt Bernkogel. Insgesamt sind im gesamten Skicircus allerdings mehr als 30 Pistenretter im Dienst. „Wir machen nur die Erstversorgung”, erklärt Gerd Höller, „Spritzen geben dürfen wir nicht. Das macht dann der Arzt.” Die Pistenretter bergen und versorgen hauptsächlich die Verletzten auf ihrem Pistenabschnitt. Zusätzlich kontrollieren sie allerdings noch Absperrungen und Beschilderungen auf ihren Pisten. „Die Pistenrettung macht regelmäßig einen Pistencheck. Sie müssen Fangzäune reparieren, umgefahrene Schilder wieder aufstellen oder die Schneekanonen absichern”, erzählt Jakob Niederseer. Dreimal am Tag fahren die Pistenretter eine Kontrolltour auf ihren Skiern.


7:40 Uhr


Fährt man mit der Gondel vom Tal zur Mittelstation, fallen auf der leeren Piste vor allem die Schneekanonen auf. Wie große gelbe Ungetüme stehen sie auf und neben der planierten Fläche. Betriebsleiter Jakob Niederseer erzählt, dass allein am Bernkogel 95 computergesteuerte Schneekanonen eingesetzt werden. Für jeden Abschnitt des Skigebiets gibt es auch einen Zuständigen für die Schneekanonen: den Schneimeister. Er entscheidet, wann, wo und wie viel beschneit wird. Und die Schneekanonen arbeiten ordentlich: allein in dieser Saison wurden schon mehr als 3.000 Kubikmeter Wasser verschneit. Der entstandene Maschinenschnee wird von den Pistenraupen auf der Piste verteilt und festgefahren. Jetzt, Mitte Februar, sind die Kanonen schon außer Betrieb. Jakob Niederseer erklärt: „Bald ist ja schon März und dann ist es bloß noch einen Monat, in dem wir Skibetrieb haben. Die Bauern wollen ja auch irgendwann wieder auf ihre Wiesen.”


7:45 Uhr


Inzwischen haben die vier Gondeln vom Tal die Mittelstation erreicht. Hier beginnt jetzt der Arbeitstag von Christian Ralser. Er ist Maschinist und schon seit 25 Jahren am Bernkogel dienstlich unterwegs. Zu „seiner“ Bahn gehören insgesamt 82 Gondeln. Im Abstand von 58 Metern werden diese während der Saison jeden Morgen - oder auch für Sonderfahrten - ins Seil gehängt. Zusätzlich zu den vier „Mitarbeitergondeln“ müssen also noch 78 Gondeln eingehängt werden. Sie verbringen die Nacht immer im Keller der Mittelstation. Christian Ralser fährt die Kabinen jetzt langsam, eine nach der anderen, über einen Lift aus dem Keller und hängt sie ins Seil. Was für ein Aufwand. „Aus Sicherheitsgründen dürfen wir die Gondeln über Nacht nicht draußen lassen”, erklärt der Maschinist. Wenn der Skibetrieb tagsüber läuft, ist Christian Ralser auch für die Sicherheit der Wintersportler zuständig. Das bedeutet, dass er auch entscheidet, wann eine Seilbahn z.B. witterungsbedingt abgeschaltet wird. Dann muss die Bahn „leer laufen” und es werden keine neuen Gäste mehr aus dem Tal auf den Berg befördert.
Alle Mitarbeiter, die noch weiter oben auf dem Bernkogel arbeiten, werden von hier aus mit dem Lift oder mithilfe von Fahrzeugen zu ihren Arbeitsplätzen gebracht. So stehen alle bereit für den großen Andrang der Ski- und Snowboardfahrer, die schon bald die Pisten bevölkern werden.


8:10 Uhr


Hannes Geisler hat das Tal erreicht und lenkt den Pistenbully in die große Garage. Für heute hat er Feierabend. In der Garage arbeitet Geisler auch nach der Wintersaison, denn in der dort untergebrachten Werkstatt kümmert er sich mit einem Kollegen um die Wartung und Instandhaltung der Pistenraupen. Aus Erfahrung weiß Hannes Geisler, dass Pistenbullys sehr pflegeintensiv sind.
Um 8:30 Uhr beginnt der Skibetrieb am Bernkogel. Bis dahin müssen alle Gondeln eingehängt sein. Meistens steht die Seilbahn kurz vor halb noch ein paar Minuten still, das ist vor allem in der Hochsaison die bekannte „Ruhe vor dem Sturm“. Das sehen auch die Mitarbeiter an den Kassen so.
Am Nachmittag sollten sowohl die Mitarbeiter der Bergbahnen als auch sämtliche Wanderer, Ski- und Snowboardfahrer den Berg bis 17 Uhr verlassen haben. Denn dann öffnet sich das große Garagentor am Bernkogel, und für die Pistenbullys beginnt der Arbeitstag.