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Der Bauerngarten im Wandel

Traditionen, moderne Anbauarten und Verarbeitungstipps

Vor rund 10.000 Jahren wurden die Menschen sesshaft. Sie züchteten Vieh und legten Gärten an. Anders als bis dahin wurden die „Lebensräume“ von der „Wildnis“ abgegrenzt. Im Laufe der Zeit wurden Häuser und Ställe gebaut, es entstanden Höfe, Schwaigen (ganzjährig bewirtschaftete Güter, für die die Grundherren einen Viehbestand zur Verfügung stellten) und immer größer werdende Siedlungen und Dörfer. Im Glemmtal geschah dies aufgrund der kargen Böden und der nicht siedlungsfreundlichen Bedingungen erst relativ spät. Als Kelten den Pinzgau bereits um 400 vor Christus und Römer ab etwa 15 vor Christus besiedelten, war es noch still und unbewohnt im heutigen Saalbach Hinterglemm und Viehhofen. Bodenfunde lassen vermuten, dass das Glemmtal erst mit Beginn des 8. Jahrhunderts bezogen wurde. In dieser Zeit entstanden erste Höfe, die nach und nach ausgebaut wurden. Schon früh erkannte man die Vorteile des Anbaus von Früchten und Getreide am eigenen Hof. Und trotz der schwierigen Bedingungen im Glemmtal gehören Bauerngärten seit jeher zum landwirtschaftlichen Bild der Region. 

Früher waren die Ernten überlebenswichtig. Neben dem Säen, dem Pflegen und dem Ernten galt es, die Lebensmittel den Winter über haltbar zu machen. Obst wurde eingekocht und eingelegt, Gemüse auf unterschiedliche Weisen konserviert und Sauerkraut wurde in großen Kübeln hergestellt. Letzteres galt als wichtiger Vitaminspender im Winter und steckt voller Vitamin C und Nährstoffe. Und auch heute sind Produkte aus eigenem Anbau äußerst beliebt. Die Gesellschaft hat sich verändert – früher waren die Hausfrauen damit beschäftigt, die Kleintiere im Stall zu versorgen und den großen Garten zu bewirtschaften. Aufgrund der modernen Gesellschaftsstruktur bleibt oft zu wenig Zeit, sich diesen aufwendigen Arbeiten zu widmen. Hier und da gibt’s im Glemmtal noch traditionelle Bauerngärten zu bewundern. Und doch ist auch ein neuer Trend zu beobachten – mit dem Bewusstsein für gesunde Ernährung und der Qualität für gute Lebensmittel werden neue Wege beschritten. Jungbauern beginnen zu käsen, der eine oder andere zieht Radieschen am Balkon und es gibt lässige Projekte wie Getreideanbau auf der Alm.

Der traditionelle Bauerngarten 

Noch bis in die späten 60er fand man fast bei jedem Haus einen eigenen Garten vor. Unterschiedliches Obst und Gemüse wurde angebaut und sorgte für die Versorgung der Familie. Das Bestellen der Gärten bedurfte viel Arbeit und Zeit. Um eine vierköpfige Familie so gut wie möglich zu versorgen, wurde eine Fläche von ungefähr 400 Quadratmetern benötigt. 

 

Zu den Gemüsesorten, die in keinem alpinen Bauerngarten fehlen durften, zählen: 

 

  • Kartoffeln 
  • Bohnen 
  • Erbsen
  • Kraut 
  • Karotten
  • Salat 
  • Gurken
  • unterschiedliche Kohlsorten
  • Heil- und Gewürzkräuter (wie Kamille, Ringelblume, Minze, Bohnenkraut und vieles mehr)
  • Obstbäume mit Äpfeln, Zwetschgen, Birnen, Quitten und vielem mehr 
  • und je nach Region so einiges mehr

Die Gärten sowie die Beete wurden quadratisch bzw. rechteckig angelegt. Schmale Wege sorgten für die Abtrennung sowie für eine gute Erreichbarkeit der einzelnen Sorten. Die Einfriedung erfolgte durch einen Zaun (Schutz vor Hühnern und Wildtieren) bzw. Hecken.

Neue Wege im Lebensmittelanbau – Alm-Gerste auf 1.400 Metern Höhe 

Früher, als Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten stammten, machte man sich über die Herkunft der Produkte keine großen Gedanken. In der modernen Zeit wird es aber für die Menschen merklich wichtiger, woher die Lebensmittel kommen. Der Trend der bewussten Ernährung und der Nachhaltigkeit lässt neue Projekte entstehen – so wie das „Alpenmüsli“ mit Gerste, die auf 1.400 Metern Höhe, auf der Sonnenseite von Hinterglemm, gewachsen ist. Das Schulprojekt der vier Pinzgauer Markus, Paul, Markus und Tobias regt zum Nachdenken an und öffnet neue Wege. Und außerdem schmeckts.

Obst- und Gemüseanbau ist im Glemmtal ein herausforderndes Unterfangen. Das herrschende Reizklima und die eher kargen Böden machen die Ernte nicht ganz so ausgiebig wie in den benachbarten Regionen mit größeren flachen Flächen und einfacheren Bedingungen. Nichtsdestotrotz haben es sich die Jungs im letzten Frühling in den Kopf gesetzt, Getreide anzubauen und ein eigenes „Pinzgauer Alpenmüsli“ zu produzieren. Der Standort für den Anbau der Bio-Gerste war bald gefunden und so wurde getüftelt, geplant und umgesetzt. 

Nachdem eine ca. 180 Quadratmeter große Fläche ausgewählt wurde, wurde diese mit dem Traktor gepflügt und zum Aussähen bereit gemacht. Per Hand wurde die Saat ausgebracht und das Feld eingezäunt. Nun hieß es warten – bereits nach wenigen Wochen zeigten sich die ersten grünen Halme und die Gerste begann zu wachsen. Den Sommer über war das Getreide Wind und Wetter und wechselhaften Temperaturen ausgesetzt – und trotzdem konnte im Herbst die reiche Ernte eingebracht werden. Mit der Handsichel wurde das Getreide geerntet und anschließend gedroschen. 

Gemeinsam mit Hafer und Dinkel in Bio-Qualität aus dem Waldviertel, Honig vom heimischen Imker und Trockenfrüchten aus dem eigenen Garten konnte „Eine Portion Almglück“ schon im Oktober verkostet werden. Der Fokus lag auf der Bedeutung von heimischen Produkten und der Erfolg gab ihnen recht – schon nach kurzer Zeit war das Müsli restlos verspeist. 

Solche Projekte von jungen Menschen aus der Region weisen den Weg in Richtung nachhaltige und regionale Lebensmittelherstellung und finden bei allen großen Anklang. Der idealen Fruchtfolge entsprechend, wurden im darauffolgenden Jahr Kartoffeln angebaut.

Verarbeitungstipps – Selfmade-Sauerkraut 

Und wer jetzt auch Lust hat, etwas selbst herzustellen, der kann sich am Selfmade-Sauerkraut versuchen. Wir haben das Kraut auf dem Feld neben den Kartoffeln angepflanzt, man kann aber natürlich auch gekauftes vom Bio-Gemüsebauern verwenden. 

Und so geht’s: 

 

  • Man benötigt einen Sauerkraut-Steintopf, je nach Größe Weißkohl-Köpfe und jodfreies Salz. 
  • Der Steintopf wird gründlich gewaschen und getrocknet. Nun die äußeren Blätter vom Weißkohl abtrennen und beiseitelegen. Den Kohl vierteln, den Strunk herausschneiden und das Kraut so fein wie möglich hobeln. 
  • Nun das geschnittene Kraut mit einem Hundertstel Salz vermischen (z. B. kommen auf 2000 g Weißkohl 20 g Salz), eine Handvoll davon in den Steintopf geben und gut vermischen. Durch Kneten entsteht eine Flüssigkeit, die das Kraut bedecken soll. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis der Topf zu dreiviertel voll ist. Gut festdrücken, damit kein Schimmel entstehen kann. Den gefüllten Topf für etwa 45 Minuten stehen lassen, damit sich die Flüssigkeit gut absetzt. 
  • Nun werden die vorher abgetrennten Blätter daraufgelegt und die Masse mit den Gewichten beschwert (damit das Kraut vollständig bedeckt ist). 
  • Anschließend wird der Rand des Steintopfes mit Wasser befüllt und mit dem Deckel verschlossen. Das Kraut wird für 5 Tage bei Raumtemperatur gelagert. Währenddessen den Deckel nicht öffnen! 
  • Nach den 5 Tagen wird der Topf in den Kühlschrank oder den Keller umgelagert (6–12 °C) und für 8 bis 9 Wochen stehen gelassen. Die Rinne des Steintopfes immer wieder mit Wasser auffüllen! 

Selbst gemachtes Sauerkraut passt perfekt zu hausgemachten Bauernkrapfen und allerlei Pinzgauer Speisen wie den Freitagsniedei. Viel Spaß beim Nachmachen! 

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